Was machen DIE FOTOGRAFEN anders als ich???

oder ”Bin ich gut, die Zweite”

Ganz ähnlich der Rubriken Anfängergedanken und Anfängergedanken Teil 2 inspirierte mich auch zu dieser Rubrik als Teil 2 der Email-Austausch mit einem Fotofan.

Viktor trat mit folgenden Zeilen an mich heran:

Natürlich nach Absprache und Einverständnis mit Viktor zur Darstellung seiner Fotografien und unseres Emailverkehrs.
Nochmals vielen Dank!
 

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Hallo Ralf!!!

Vielen Dank für die tolle Seite und für deine Tipps!!!

Ich möchte dich fragen, wieso die Fotografen fotografieren mit einer hohe Blende wie z.B. f 8 , f 11, und höher. Ich habe gelesen auf deiner Seite, dass die Blende für Lichtdurchlässigkeit verantwortlich ist und fotografiere grundsätzlich mit der kleinste Einstellung ( f 4,/ 4,5), erkläre mir bitte wieso die Fotografen fast nie die Einstellung nutzen.

Kannst du mir bitte vielleicht erklären wie die Fotografen es hin kriegen, bei den Modells so eine schöne weiche Haut auf den Bild zupräsentieren.

Ich möchte dir paar Fotos mit senden und von einem Profi wie du die auswerten lassen, vieleicht kanst du mir ein paar Tipps geben wie ich es besser machen kann.



Im sage dir im Voraus ein Dankeschön und werde mich auf einen Antwort sehr freuen!!!

Schöne Grüße

  dein Schüler,
        Viktor  

 

Hallo Viktor,

so, nun kann ich Dir endlich antworten.

Als erstes habe ich da allerdings eine grundlegende Frage:

Wer sind denn > Die Fotografen <, die Du zitierst?
Und dann auch gleich die zweite Frage: In welchen Situationen und für welche Art von Fotos nutzen > Die Fotografen < Deine geschilderten Blenden von f8 und f11?

Pauschal kann man nicht von fest voreingestellten Blenden sprechen. Wenn > Die Fotografen < für Portraits eine Blende f11 wählen und sich wundern, warum die Leinwand im Hintergrund gestochen scharf aufs Bild kommt, sind > Die Fotografen < sicher eher
 > Die fotografischen Anfänger <. Wenn sie bei Landschaftsaufnahmen gestochen scharfe Bilder übers ganze Bild vom Vordergrund bis in die Ferne haben wollen, wären sie mit einer gewählten Blende f4 sicher fotografische Anfänger; ihnen wird dann deutlich Schärfentiefe fehlen.
Nehmen > Die Fotografen < bei Sportaufnahmen die Blende f11 und wundern sich, warum ihre Fotos alle verwackelt und/oder bewegungsunscharf werden, sind sie sicher auch eher > Die fotografischen Anfänger <; die kleine Blende erfordert dann nämlich im Gegenzug lange Verschlußzeiten.

Du siehst, es ist situationsabhängig, welche Blenden- und Verschlußzeitkombination die ideale Lösung Deines Belichtungsproblems ist. Kein Fotograf wird standardmäßig mit derselben Blende arbeiten. Die kleinen Blenden f8, f11 und f16 bringen pauschal lediglich den Vorteil, dass die Abbildungsleistungen des Objektivs deutlich verbessert werden; Unschärfen und Objektivfehler werden dadurch unterdrückt.

Du solltest von Deiner pauschalen "Offene-Blende-Einstellung" somit auch abrücken. Immer "Blende auf" bringt keine Vorteile. Ein Abblenden für mehr Schärfe und besonders für mehr Schärfentiefe ist in vielen Situationen nützlich; siehe Landschaftsfotografie, Architektur, Gruppenaufnahmen.



Zum Thema "weiche Haut":
Retusche!
Da tricksen > Die Fotografen <. Heute gibt es kaum noch ein Foto in Illustrierten und Beauty- Magazinen, das nicht nachträglich retuschiert wurde. Mit Fotoprogrammen, wie Photoshop, kannst Du Hautunreinheiten beseitigen, Hauttöne aufhellen und frischer erscheinen lassen, sowie Falten glätten. Solche kleinen Eingriffe (die manchmal auch gewaltiger ausfallen) haben > Die Fotografen < schon immer genutzt um harmonischere Portraits zu realisieren; also auch zu Zeiten der klassischen Dunkelkammer.
Hinzu kommen Visagisten, die ihre Modelle vor dem Foto so perfekt schminken, dass jegliche Unreinheiten verschwinden.


Hier siehst Du eine Auswahl von Viktors Fotografien, per Klick auf´s Foto erscheint die Vergrößerung.


Zu Viktors Fotos:

Baby
Sehr ausdrucksstark, schön auch mit der Hand, die Schutz gibt.
Etwas störend ist der Bademantel / Handtuch rechts, habe es mal in Schnellversion retuschiert, siehe Bild rechts
 Hier wäre eine offene Blende besser gewesen, dann würde der Hintergrund noch weiter verschwinden (F3,5 anstatt 5,6).
 

Mann mit Baby:
gefällt mir auch sehr gut, auch die Haltung des Mannes und wie er das Baby schützend festhält.

Hier tritt der Hintergrund (Vorhang) allerdings zu sehr in den Vordergrund. Den Mann besser weiter weg vom Vorhang stellen und aufblenden (f2,8 - f4), am besten mit leichtem Tele (85-100mm). Umwandlung in schwarzweiß ist vergraut (grünblau), nutze am besten mal den Graymixer (in meiner Rubrik Schwarzweiß zum kostenlosen Download); es sei denn, das ist so gewollt. Oben zuviel Rand, sprich Vorhang.
Bild rechts geändert, Farbstich raus, Kontrast angeglichen, Hintergrund unscharf gemacht.

Frau mit Blumen
sicher Geschmackssache, mir gefällt es persönlich nicht so gut (was aber rein subjektiv ist), denn der angewendete Softeffekt wirkt mir zu künstlich, die Farben (besonders die Hauttöne) zu sehr gesättigt und der Hintergrund (Vorhang) farblich konträr zum Model. Durch den Filtereffekt gehen zudem die Blumen in der Hand etwas unter.
Aber....
das ist letztens echt eine Geschmacksfrage und lediglich mein subjektiver Eindruck; jemand anderes kann gerade diese Punkte positiv finden.
Der Blickwinkel und die Schärfe sind gut. Bild rechts zeigt das Foto etwas beschnitten und mit dem Graymixer in schwarzweiß gewandelt. Durch den Wegfall der Farben, empfinde ich das Bild als abgerundeter.

Viktoria
Ein echter Volltreffer, das Bild lebt förmlich.

Viktor
Dieses Foto gefällt nicht nur Viktor!

Lisa
Super! Toller Ausdruck, sehr natürlich und lebendig, wird ihr sicher auch gefallen, oder?
Arm rechts im Bild leider etwas abgeschnitten, stört aber nicht.

Viktors Antwort auf meine Mail und Bildkritik:

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Hallo Ralf!!!

Danke für die Antworten auf meine Fragen und für die Fotosauswertung,

unsere E-mails darfst du natürlich mit den Fotos für die Fotoschule veröffentlichen, werde mich freuen wenn meine Arbeit auf deiner Seite auftaucht.


Die Blenden habe ich in verschiedenen Situationen die du als Beispiel geschrieben hast ausprobiert und frage mich warum ich selbst nicht drauf gekommen bin. Danke!!!
Dass die Fotografen die Fotos nacharbeiten habe ich gewusst, aber ich persönlich habe noch nie mit Retusche die Gesichter so gut hin bekommen wie auf den Magazinen so normal ist. Ich habe immer gedacht, dass das irgend ein Belichtungtrick ist.
Du hast mir geschrieben, dass man den Tele 85-100mm nehmen soll wenn solche Fotos gemacht werden wie z.B (der Mann mit Kind). Du kannst mir bestimmt ein Tipp geben welcher Obektiv für Porträts am besten geeignet ist, vielleicht hast du soger die gleiche Kamera wie ich oder Erfahrung gemacht mit Canon 400D. Ein Objektiv habe ich gefunden das für Porträts voll geeignet ist ( Tamron A17E 70-300) , aber beim Kauf habe ich nicht daran gedacht dass ich Probleme bekommen werde wenn ich in der Wohnung oder in kleineren Raum die Tante Gerti in volle Grösse fotografieren möchte. Ich habe mir gedacht so 18-85mm wäre optimal für die Wohnung aber ich weiss das ich mit meinem glück dann falsch kaufe. Ich hänge zwei Fotos mit an, die ich mit Tamron Obektiv 70-300mm ( die ich so super finde was vor allem die Haut betrifft) gemacht habe, damit du meine Erwartungen ungefähr siehst und mir vielleit beim Kauf helfen könntest.


Schöne Grüße!!!

     Viktor!!!
 

Hallo Viktor,

 vorab danke für Dein Einverständnis für diese neue Rubrik der Fotoschule.

Ein paar Worte zu Deiner Mail und Deinen Fragen:
die beiden Fotos, von Dir und Viktoria, gefallen mir beide sehr gut (mir sind keine Verbesserungsvorschläge eingefallen...).

Viele Fotografen setzen in der Tat Belichtungstricks ein, um ihre Modelle schöner wirken zu lassen. Häufig sind das aber eher Beleuchtungstricks (geschickt und gezielt eingesetzte Strahler oder Studioblitzanlagen), die durch gezielte Lichtführung ein Gesicht oder Körper förmlich “in einem anderen Licht erscheinen lassen”. Hinzu kommen teilweise gezielte Überbelichtungen (High Key- Fotografie) oder spezielle Filter. Generell sind die digitalen Retuschen nach dem Foto aber die häufigsten Tricks, die zum gewünschten Bild führen.
Wenn Du darin noch ungeübt bist, solltest Du mal nach Workshops im Internet suchen, viele Fotofans bieten leicht nachvollziehbare Online- Lehrgänge, oder PDF- Dateien als genaue Anleitung zum Nachmachen an.

Zu Deinen Objektiv- Überlegungen:
der von mir oben erwähnte Brennweitenbereich (85 - 100mm) stellt kein eigenes Zoom- Objektiv dar, sondern war als Anhaltswert für die einzustellende Brennweite bei Portraits gedacht. Mit der Brennweite hockst Du einerseits dem Modell nicht direkt auf der Pelle, hast eine verzerrungsfreiere Darstellung der Gesichter und gleichzeitig bei offener Blende (f4) einen geringere Schärfentiefe (sprich: Hintergrund unscharf). Mit so einer eingestellten Brennweite wirst Du Dich zwangsläufig etwas in den Raum hineinbewegen müssen (also vom Modell weg) und dann auch “nur” ein Portrait fotografieren können. Um Dein Model vom Schuh bis zur Mütze aufs Foto zu bekommen, eignet sich so eine Brennweite in normalen Wohnräumen eher selten (um nicht zu sagen gar nicht). Da stellen kürzere Brennweiten (Weitwinkel wegen der Verterrungen eher vorsichtig einsetzen) einen besseren Kompromiss dar.
Mir ist nicht ganz klar geworden, welches Objektiv Du nun inzwischen besitzt und welches Du überlegst zu kaufen. Wenn Du das 70-300mm bereits besitzt, hast Du keine schlechte Wahl getroffen. Für reine Portraits in der Wohnung eignet es sich aber eher weniger (wie Du bereits gemerkt hast). Für Außenaufnahmen ist es dagegen sehr geeignet. Als Ergänzung macht dann ein 18- 80mm Sinn, so hast Du den ganzen Brennweitenbereich von Weitwinkel bis Tele abgedeckt. Das Objektiv eignet sich auch für Portraits in der Wohnung. Ideal ist ein Brennweitenbereich von 18-200mm (oder bis 250mm Tamron). Da hast Du in einem Objektiv alles drin, Weitwinkel, Portraitbereich und Tele; und das ohne wechseln zu müssen.

Viktor trat mit seiner Email an mich heran, um herauszufinden, warum > Die Fotografen < ihre Fotos irgendwie anders machen, als er. Anhand seiner Fotos zeigt sich jedoch deutlich, Viktor ist bereits einer, der Fotografen!
Mit seinen Fotos muß er sich nicht verstecken und mit meinen Anmerkungen zu den Bildern ergeben sich bestenfalls ein paar kleine Feinschliffe, die aber bei keinem der Bilder prinzipiell nötig wären.
Viktor hat bereits das Auge für gute Fotos, Kompositionen und das Gespür im richtigen Moment abzudrücken (siehe nur mal das schöne Bild von Viktoria oder Lisa). Klar kommen immer wieder mal Unsicherheiten auf, welche Blendenkombinationen man am besten wählt, aber das wichtigste Instrument des Fotografen (und hier meine ich auch ganz speziell Viktor) ist das Gespür und das richtige Auge für Situationen und Motiven. Ich wünsche Viktor noch viele solcher Fotos und vor allen Dingen das nötige Selbstbewußtsein, neben seinem eigenen Maßstab zu anderen Fotografen zufrieden bestehen zu können; denn Viktor muß sich bestimmt nicht mit seinen Fotografien verstecken!

Rund einen Monat später erreicht mich folgende Email von Viktor:
 

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Hallo Ralf!


Die neue Rubrik mit unserer Mail-Verkehr finde ich voll Geil!

Danke für die Tipps, die du auf der Rubrik geschrieben hast,die haben mir sehr geholfen.
Das Objektiv von Tamron 18-200, was du gemeint hast, habe ich gefunden, der macht wirklich super Portraits und gleichzeitig ein Weitwinkel dabei ist für die Landschaft ein super Teil, ich kann ihn nur weiter empfehlen. Überbelichtungtrick habe ich auch ausprobiert und es hat super geklappt, ich habe beim überbelichteten Bild die unreine Haut der Frau mit Retusche verbessert (überbelichtete Bilder sind einfacher retuschieren als ein normales Bild, habe ich festgestellt) und dann habe ich einfach die Helligkeit runtergedreht und es ist ein super Bild geworden, es war gar nicht so schwer. Ich Danke dir nochmal für deine Hilfe!


   Grüße
    Viktor
 

Hier siehst Du, was Viktor in seiner Email beschreibt!
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